Mit Ökostrom geladene Elektroautos sind nicht nur umweltfreundliche Fortbewegungsmittel, ihre Akkus helfen als Stromspeicher auch der Energiewende. Fahrer könnten so in Zukunft von günstigeren Ladetarifen profitieren.
Vor die Sonne schieben sich immer wieder Wolken und Wind weht nicht gleichmäßig. Was für viele Menschen so natürlich ist, dass sie es kaum beachten, ist für die Stromnetze eine Herausforderung. Die schwankende Einspeisung von Wind- und Solarstrom lässt nämlich auch die Spannung in den Leitungen variieren. Elektroautos können dabei helfen, die Spannung in den Netzen stabil zu halten und Strom für sonnen- und windarme Stunden eines Tages zu speichern.
Das Energiesystem unterstützen Elektroautos vor allem durch sogenanntes gesteuertes Laden. Dabei werden die Fahrzeuge nicht sofort mit Strom betankt, sobald sie mit einer Ladestation verbunden werden. Vielmehr werden die Akkus dann geladen, wenn der Netzbetreiber über eine spezielle Kommunikationsanbindung entsprechende Signale an die Ladesäule weitergibt. Der Netzbetreiber analysiert dafür, wie viel Strom gerade in seinem Netz verbraucht wird und wie viel von Erzeugern wie beispielsweise Solaranlagen eingespeist wird. Je nach Bedarf wird der Ladevorgang dann verschoben, gestartet oder auch kurz unterbrochen.
Der Autofahrer behält aber weiterhin die Kontrolle über sein Fahrzeug. Über seine Wallbox in der heimischen Garage kann er beispielsweise vorgeben, dass sein Elektroauto auch beim gesteuerten Laden bis 7 Uhr morgens vollständig mit Strom betankt sein soll, um den Weg zur Arbeit zurücklegen zu können. Kleine zeitliche Verschiebungen beim Laden werden dann automatisch so gesteuert, dass die Wünsche des Fahrers berücksichtigt werden.
Ein Modellprojekt für eine netzdienliche Verwendung von Elektroauto-Batterien wird in Fellbach vorbereitet. Dort entsteht im Rahmen des Projekts C/sells die „Nachbarschaft der Zukunft“. Sieben Häuser erhalten unter anderem eigene Photovoltaikanlagen und Elektrofahrzeuge. Eine eigene Software steuert das Laden der Elektroautos. Auf diese Weise kann die Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien und Elektromobilität optimal zusammenwirken.
Langfristig ist das gesteuerte Laden wichtig, damit nicht zu viele Elektroautos gleichzeitig Strom aus dem Netz ziehen. Falls in einigen Jahrzehnten die Hälfte aller Autos Elektrofahrzeuge sind, müssten ansonsten nach einer Untersuchung der Unternehmensberatung Oliver Wyman bis zu elf Milliarden Euro investiert werden, um die Leitungen für die hohe Stromnachfrage auszubauen. „Wenn sich das flexible Laden von E-Autos durchsetzt, könnte ein Netzausbau vollständig überflüssig werden“, schreiben die Experten.
Durch günstigere Tarife könnten Energieunternehmen ihren Kunden Anreize setzen, beim gesteuerten Laden mitzumachen. Bisher gibt es erste Ansätze für spezielle Tarife. Ein ostdeutsches Stadtwerk bietet E-Auto-Fahrer beispielsweise günstigere Strompreise an, wenn sie an Werktagen nicht vormittags oder in den frühen Abendstunden laden. Für die Zukunft wollen Energieunternehmen noch genauere Steuerungsmöglichkeiten entwickeln.
Noch besser lassen sich Elektroautos als Speicher nutzen, wenn sie nicht nur Strom zu den passenden Zeiten aus dem Netz aufnehmen, sondern auch wieder in die Leitungen zurückspeisen. Einen Feldversuch zu diesem bidirektionalen Laden führt der Netzbetreiber TenneT durch. In Deutschland ist bidirektionales Laden noch in der Entwicklung. Nötig sind zum einen speziell entwickelte Ladesäulen oder Wallboxen. Zudem funktioniert die auch Vehicle-to-Grid genannte Technologie noch nicht mit den in Europa üblichen CCS-Steckern, sondern nur mit dem japanischen CHAdeMO-Standard.
Mehr Infos:
– Studie von Oliver Wyman zu den Vorteilen des gesteuerten Ladens
– Studie von Fraunhofer ISI zu niedrigen Tarifen durch gesteuertes Laden
– Stromtarif der Stadtwerke Erfurt mit Niedertarifzeiten für Elektroautos
– Artikel von Edison zum bidirektionalen Laden
Sehr interessanter Beitrag.Es wäre mehr als wünschenswert,wenn die Politiker die Rahmenbedingungen
hierfür schnell bereitstellen,damit die Energiwende geschafft werden kann.Wann wachen wir endlich auf?
Hallo und vielen Dank für Ihren Kommentar.
Schön, dass Ihnen unser kurzer Beitrag gefallen hat. Wir adressieren auch Empfehlungen aus unseren wissenschaftlichen Arbeiten direkt an die Landesregierung in Baden-Württemberg sowie das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Es freut uns ebenso zu sehen, dass sich auch immer mehr Privatpersonen – wie Sie – für Themen der Energiewende interessieren. Das bestärkt uns mit weiterem Nachdruck die Umsetzung notwendiger Rahmenbedingungen anzustreben.
Wir freuen uns auch auf weiteren Austausch mit Ihnen persönlich!
Das bidirekte Laden von Elektroautos kann extrem wirtschaftlich sein, die Netze entlasten und einen ganz erheblichen Schub für den Ausbau gerade auch privater PV-Anlagen bewirken.
Als Freiberufler bin ich viel zu Hause. Ich plane eine PV-Anlage aber ein vernünftiger Speicher scheint mir im Moment noch nicht wirtschaftlich sinnvoll zu sein. Wenn ich aber den Speicher meines Autos auch für den Haushaltsstrom verwenden könnten wäre die Kombination von PV-Anlage und E-Mobil auf einen Schlag wirtschaftlich nicht zu toppen.
Müssen wir wieder erst warten bis Chinesen, Japaner, Koreaner und Amerikaner uns zeigen dass das eine gute Idee ist, oder schaffen wir es im Zeichen der Energiewende diesmal eine gute Idee schnell in den Markt zu bringen?
Ich habe leider wenig Hoffnung
Hallo Herr Ernst, es freut uns sehr, dass Sie sich mit dem Thema so umfassend auseinander gesetzt haben. Und ja: Sie haben Recht. Noch sind die Speicher für private Endkunden nur bedingt wirtschaftlich. Die Wirtschaftlichkeit kann meist nur in den Fällen festgestellt werden, wenn die Abschreibung zusammen mit einer PV-Anlage und hohem Eigenverbrauch erfolgt. Auch haben wir noch nicht das notwendige und stetige Überangebot der Erzeugung aus erneuerbaren Quellen. Besonders dieser Aspekt würde die Wirtschaftlichkeit von Speichern stärker fördern.
Zu ihrem anderen Punkt: Gute Ideen gibt es in Deutschland allemal – die tatsächliche Markteinführung hängt oftmals auch mit einer entsprechenden Zertifizierung zusammen. So sind für die von Ihnen angesprochenen Mehrwertdienste erst durch Smart Metering möglich. Die Markterklärung des flächendeckenden Smart Meter-Rollouts durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik ist am 31. Januar (2020) erfolgt. Dafür garantiert das hohe Sicherheitsmaß einen weltweit führenden Maßstab in der Sicherheit der kritischen Infrastruktur.
Wir bleiben weiter am Ball und hoffen doch, dass eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende möglichst schnell erfolgt. Wir freuen uns auf weiteren Austausch mit Ihnen und Ihren Erfahrungen!
Hallo, das Thema interessiert mich auch schon länger. PV Anlage ist da, Speicher wäre zur Zeit tatsächlich Unsinn.
Aber nächstes Jahr ist ein neues Auto fällig, das man auch als Sromspeicher nutzen könnte. Gibts hier in Deutschland schon Fahrzeuge die das können und auch dürfen?
Schöne Grüße
Hallo Herr Fük, danke für Ihre Nachfrage! Ihr großes Interesse an diesem Thema freut uns sehr.
Die meisten Elektroautos der ersten Generation beherrschen das benötigte bidirektionale Laden noch nicht. In der zweiten Generation gibt es jedoch mittlerweile einige Autos, die dazu in der Lage sind. Wir können an dieser Stelle natürlich kein konkretes Produkt bewerben, die Hersteller bei denen das möglich ist, geben es bei den Fahrzeugen jedoch auch an. Zuvor müssen Sie jedoch auch mit dem Wallbox-Anbieter klären, ob diese dazu in der Lage ist. Weiterhin stellt sich die Frage ob Sie eine Integration in das Heimenergiemanagementsystem wünschen und ev. die Netzdienlichkeit des Ladevorgangs bei ihrem Netzbetreiber anbieten wollen. Letzteres ist derzeit in der Entwicklung und die Netzbetreiber werden hierbei sukzessive neue Konzepte anbieten.
Gerne können wir von der Ich-bin-Zukunft-Redaktion uns weiter bei den Kolleginnen und Kollegen aus der Forschung umhören, die möglicherweise noch Tipps haben. Sobald wir eine Antwort haben posten wir das hier, wir freuen uns auf weiteren Austausch mit Ihnen!